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-----------------n---------------------------März 2024

Lesung in Tübingen

Ich hatte plötzlich eine Mail vom Kröner Verlag bekommen, völlig unerwartet, dass ich eingeladen sei zur Autoren-Lesung dieses Buches. In Tübingen. Da musste ich erstmal überlegen. Wegen einer Lesung von Nord- nach Süddeutschland fahren?
Nachdem ich es überschlafen hatte, war meine Entscheidung gefallen. Ich fahre.

Das Studium beim Autoren des Buches lag nun ein halbes Jahrhundert zurück, nicht vergessen, aber doch nicht aktuell im Kopf. Ich vergegenwärtigte mir mein Studium - ich würde meinen Professor von damals wiedersehen!


Am FR bin ich losgefahren und habe in Michelsrombach zwischendurch Station gemacht. Ich wollte extra nicht nach Fulda, wo ich meine Referendariatszeit verbracht hatte, den Grund weiß ich nicht mehr. Der Name Michelsrombach kam mir damals auch unter und ich wollte den Ort mal kennen lernen. Die Sonne schien, aber das Hotelzimmer ist kalt.

Am SA war in Zeven "Demo gegen rechts", an der ich nun nicht teilnehmen kann, stattdessen auf der Autobahn nach Tübingen. Nachmittags habe ich mir Tübingen angekuckt und mal auskundschaftet, wo morgen die Lesung stattfindet. Abends im Hotel sehe ich die aktuelle Die Physiker - Aufführung des Viti, 48 Jahre nach meiner Inszenierung. Damals haben wir die Bühne ganz konventionell gestaltet, wie es auch im Profi-Theater war. In den Jahren danach kam dann die Umgestaltung, die erstmal mit der leeren Bühne begann. So war die jetzige Aufführung auch völlig anders als unsere, sehr interessant gemacht. Josha Eggers, (wie ich dann hörte, ist er der Sohn einer damaligen Schülerin) den ich kennen lernte, als ich bei den Proben zu Besuch war, hat sich um eine Übertragung im Internet gekümmert, sodass ich die Aufführung, es war die 4. und letzte, in Tübingen sehen konnte. Mit weißen Kartons wurde die Bühne langsam zugebaut; die Physiker waren gefangen. Besonders hat mich bei der Aufführung beeindruckt, wie eine Schülerin Abschnitte mit Klavier "untermalte" und zum Schluss unglaublich schön sang.

 

SO 10.3.
Heute war der große Tag in Tübingen, am frühen Abend die Lesung und überhaupt freute ich mich, meinen damaligen Professor Gert Ueding nach einem halben Jahrhundert wieder zu sehen.
Vormittags bin ich in der Altstadt herumgelaufen, dann Pause im Hotel, war immer ein ordentlicher Weg (2,5 km) von der Innenstadt zum Hotel. Dann auf zum "Lesesaal", ein Teil des Museums.

Lange vor Beginn der Lesung war ich da, meine Karte musste ich gar nicht vorzeigen; kaufte gleich das Buch und setzte mich in die zweite Reihe. Da ich noch viel Zeit hatte und da las ich schon mal den Anfang, der dann auch von Gert vorgelesen wurde.

Viele liefen da hin und her und ich schaute mir die Leute an, ob ich Gert wieder erkennen würde. "Dort lief einer rum, der dem Gert von damals ungefähr ähnlich sah." Ja, er war es, ich hätte ihn nicht erkannt.

Die ganze Veranstaltung fand ich sehr interessant. Sie wurde eingeleitet von Herrn Klöpfer, der Redakteur, der sich bei der Herausgabe dieses Buches sehr engagiert hatte.

Vor mir in der ersten Reihe saß jemand, der dann auch noch auf der Bühne ging, auch er sprach Begrüßungsworte - in seiner Eigenschaft als OB. Also Boris Palmer, naja, sympathisch fand ich ihn nicht.

Eingeleitet und begleitet wurde die Lesung mit dem Schifferklavier. Ich benutze extra dieses Wort (das der Direktor meiner Referendar-Ausbildungsschule so abwertend verwendete, dass es mir noch heute im Ohr nachklingt), um hervorzuheben, dass der Musiker absolut virtuos spielte. Sein Spiel schlug wohl nicht nur mich in Bann. Was man mit einem solchen Instrument machen kann: absolut toll!

Dann begann die Lesung. Auf der Bühne saßen dann Gert und der offensichtlich beliebte Moderator vor Ort. Gert las zunächst die Einleitung, die ich in der Wartezeit gerade gelesen hatte. Er formulierte angenehm klar, dabei sehr anspruchsvoll. Seine Art zu sprechen - ich habe sie geradezu wiedererkannt.

Inhalt des Buches ist die Gesprächsrunde, die in der Tübinger Buchhandlung Gastl stattfand. Die drei Herren waren bei ihren Treffen immer im bewegten Gespräch, eingeleitet von kulinarischen Kostbarkeiten.

Die philosophische Betrachtung von einzelnen Aspekten der Welt, zum Teil sehr abgehoben, sehr abstrakt, manches kaum verständlich beim einmaligen Lesen; eine zweite Lektüre habe ich mir vorgenommen.

Man konnte sich die drei Herrn gut vorstellen; zumal ich Hans Mayer ja selbst als Student zwei Semester erlebt hatte und alles, was Gert von und über Mayer schrieb, kann ich nachvollziehen: ja, so war Hans Mayer. Im Buch bzw. in diesen Gesprächen sind viele Gedanken enthalten, bei denen ich dachte, wie kann man sowas wissen.

Bloch war in den Gesprächen wohl meist im Mittelpunkt; ich hatte seine Sprache ja im Studium kennen gelernt, und hatte meine Schwierigkeiten damit, weil er bildhaft "umständlich" formulierte, um das ihm Wesentliche herauszustellen. Spuren habe ich größtenteils gelesen, beim Prinzip Hoffnung bin ich leider nicht weit gekommen.
Schmerzlich kam mir ins Bewusstsein, das Gerd uns beide, Bernd und mich, mal mit nach Tübingen zu Bloch mitnehmen wollte. Das scheiterte daran, dass Bloch erkrankte.

Dann stellte der Moderator pfiffige Fragen, das muss ich schon sagen; er hatte das Buch vorher zweimal gelesen und zeigte mit seinen Fragen deutlich, dass er sich gut vorbereitet hatte. Nach den Fragen las Gert noch ein weitere Stelle vor.

Gert war zwar bei diesen Gesprächen nicht dabei gewesen, aber dicht dran, wie er zum Schluss des Buches schreibt.

Nach dem brausenden Applaus kam es zur spannenden (besonders für mich!) Signierstunde. Die Schlange vor seinem Tisch war lang, einer hatte zehn Bücher dabei, die alle signiert werden mussten ;-)

Ich war ziemlich am Anfang dran und sagte: "Gert, schreibe bitte: Für meinen früheren Studenten in Hannover Jürgen Behn." Das machte er leider nicht, denn der Überraschungsmoment musste erstmal verarbeitet werden. Immerhin wusste er mit meinem Namen etwas anzufangen. "Jürgen!", er schüttelte mir die Hand und war erfreut, mich zu sehen - zeitlich und örtlich so weit entfernt. So wie ich ihn nicht erkannt habe, hatte er mich auch zunächst nicht erkannt. Schließlich liegt ein halbes Jahrhundert zwischen dem Studium und dieser Lesung. Nach dem Signieren meines Buches sagte er, lass uns danach noch reden.


Ich wartete also, leider dauerte das doch ziemlich lang. Zwischendurch kam wohl seine Frau mal, die bemerkte, dass ich ein irgendwie besonderer Gast war, leider sprach ich sie nicht an, weil ich nicht wusste, dass er von seiner damaligen Frau geschieden war.
Er lud mich zur "After Show Party" ein; nebenan sei ein großer Tisch bestellt.
Ja, aber da wollte ich nicht mit. (Ich habe hinterher eine Mail geschrieben, in der ich unser damaliges Erleben zusammen gefasst habe; ich hätte das vor der Lesung tun sollen; dann hätte ich an dem danach gerne teilgenommen.)
Ich verstehe dich, sagte er zu meiner Ablehnung, und wir sprachen über meinen damaligen Kommilitonen Bernd. Seine Frage, ob er Bernd informieren solle, bejahte ich natürlich.
Danach bat ich die Angestellte von der Buchhandlung, von uns ein Foto zu machen.

Ich ging dann im Regen die Wilhelmstraße lang, kehrte in einem Guiness-Lokal ein. Im Hotel zog ich dann meine nassen Sachen aus (Es hatte offenbar geregnet.).



Befangen blieb ich sozusagen in den Inhalten des Studiums, denn ich fuhr am MO nach Hohenasperg, die G
efangenfestung, wo Schiller 1781 den Freiheitsdichter Schubart besucht hat / besuchen durfte oder noch treffender: besuchen musste.

Ein irrer langer Fussweg nach oben, es war zwar kalt, aber sehr sonnig.
In Hohenasperg werden heute Gefährdete interniert.
Das Museum sei erst ab April geöffnet, schade.

Ich fuhr dann weiter nach Norden, wollte in Fulda doch den Ascheberg sehen, wo ich in der Hersfelder Straße 2 gewohnt habe.
Hat irgendwie nicht geklappt, kam dabei auf ne Straße nach Michelsrombach, auf der ich dann gleich weiterfuhr, sehr viel unbequemer als auf der Autobahn.
Dann war ich wieder in Michelsrombach, im Hotel bekam ich ein deutlich besseres Zimmer. Nachdem ich meine Tasche nach oben gebracht hatte, wanderte ich zwei Stunden in herrlichem Sonnenschein (immer noch kalt!) durch die Umgebung.

 

 


Mit der Begegnung in Tübingen wurde der Kontakt der beiden damaligen Studenten in Hannover, Bernd und Jürgen, wieder hergestellt. Damals und heute - (die Szene links ist in meiner Autobiografie erklärt.)